Kürzlich verweigerte die britische Online Bank Monzo dem britischen Schatzkanzler Jeremy Hunt die Eröffnung eines Kontos, obschon sie mit dem Slogan wirbt „Banking made easy“.
Hunt ist nicht das erste Regierungsmitglied, dem dies widerfahren ist.
Vor mehr als 20 Jahren dankte der sozialdemokratische Stadtpräsident von Zürich, Josef Estermann, dem Präsidenten der Bank Bär anlässlich der Eröffnung der Ausstellung ihrer Kunstschätze und erwähnte in seiner Rede bedauernd, dass ihn die Bank nicht als Kunde akzeptieren würde.
Er war halt auch ein PEP, eine „politically exposed person“.
Der Grund für die Weigerung einer Bank, Regierungsmitglieder als Kunden anzunehmen, wurde und wird begründet mit dem Kampf gegen die Geldwäscherei.
Natürlich ist das ein Unsinn. Allerdings nicht der einzige und nicht der schlimmste im üppig spriessenden Regulierungsfeld der Geldwäschereibekämpfung.
1990 wurde in der Schweiz Geldwäscherei im Strafgesetzbuch als Delikt verankert. Strafbar macht sich, wer die Ermittlung der Herkunft, die Auffindung oder die Einziehung von Vermögenswerten vereitelt, die aus einem Verbrechen herrühren.
Er wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. Das betrifft nicht nur Banken, sondern auch Anwälte, Händler, Immobilienmakler etc.
1998 trat zudem das Geldwäschereigesetz (GwG) in Kraft. Es regelt die Bekämpfung der Geldwäscherei, bekämpft die Terrorismusfinanzierung und regelt die Sicherstellung der Sorgfalt bei Finanzgeschäften, vor allem bei Banken.
Seither wurden die Geldwäschereivorschriften der Schweiz dauernd verschärft. Zudem wurden neben den Banken weitere Akteure weiteren Vorschriften unterworfen.
Offizielles Ziel der neuen Gesetze war, dem Geldfluss aus Straftaten zu folgen und so die sogenannten Vortaten aufzudecken und zu bestrafen. Damit galt eigentlich: Keine Geldwäsche ohne Vortat.
Doch diese Interpretation ist längst verschwunden.
Im Laufe der Jahre wurde es zu einer Selbstverständlichkeit, dass die Banken bei der Ermittlung mangelnder Sorgfalt als Hilfspolizisten der Polizei und der Staatsanwaltschaften agieren.
Für schlechten Kundenservice einer Bank gibt es in den Medien kaum ein Schulterzucken. Ein Verstoss gegen irgendwelche Geldwäschereivorschriften wird dagegen mit einem öffentlichen Aufschrei geahndet.
Schon 2007 wurde in einer Zürcher Dissertation festgestellt, dass die Erfolge der Geldwäschereiprävention gemessen an der Menge der konfiszierten Gelder äusserst klein waren.
Kürzlich schrieb Robert Barrington, Professor am Centre for the Study of Corruption an der University of Sussex und früher Chef von Transparency International UK, in der Financial Times folgendes:
Die Kosten der Finanzinstitute für die Einhaltung der Vorschriften werden weltweit auf 274 Milliarden Dollar pro Jahr geschätzt.
Barrington hält die Regeln zur Bekämpfung der Geldwäsche für unzweckmässig; ohne eine Reform müsse man sich fragen, ob das ganze System überhaupt sinnvoll sei.
Soeben hat EUROPOL, die EU-Agentur zur Verhütung und Bekämpfung von Kriminalität, den ersten Financial and Economic Crime Report publiziert.
Gemäss dem Bericht wurden in der EU in den Jahren 2020 und 2021 durchschnittlich 4,1 Milliarden Euro kriminelle Gelder beschlagnahmt, das seien weniger als zwei Prozent der kriminell erwirtschafteten Erträge.
Diese beliefen sich demnach auf hunderte von Milliarden Euro pro Jahr.
Und noch eine Zahl aus dem EUROPOL-Bericht: 60 Prozent der kriminellen Organisationen in der EU nutzen Korruption zur Absicherung ihres Tuns.
Die Geldwäschereivorschriften taugen ganz offensichtlich nicht zur Bekämpfung der Finanzkriminalität. Von Vortaten spricht schon lange niemand mehr.
Gemäss den Angaben von EUROPOL dürfte in Europa ein Grossteil der kriminellen Gelder gar nicht gewaschen werden, das heisst von der kriminellen Sphäre in die ordentliche Wirtschaft überführt werden.
Die Gelder bleiben im kriminellen Bereich, was zu einem wachsenden Anteil der kriminellen Wirtschaft an der gesamten Wirtschaft und Gesellschaft führt.
Wenn in Europa nur die Hälfte der Ressourcen zur Bekämpfung der Geldwäscherei für die Korruptionsbekämpfung eingesetzt würde, wäre das wohl ein weit grösserer Beitrag zu einer anständigen Gesellschaft.
Der laufende Ausbau der “Geldwäschereigesetzgebung” in der Schweiz dient primär zwei Zwecken: Einerseits gibt man internationalem Druck nach.
Man will in der Welt gut aussehen, Musterknabe sein.
Andererseits fördert man damit den gläsernen Menschen, die gläserne Wirtschaft, die gläserne Gesellschaft. Dies wäre das Ende einer freien Gesellschaft.
Vor zwei Jahren scheiterte der Bundesrat mit einer Gesetzesvorlage zur Ausdehnung von Sorgfaltspflichtvorschriften auf Rechtsanwälte, Notare und andere am Widerstand der eidgenössischen Räte.
Jetzt macht der Bundesrat auf stur und setzt das gleiche Thema wieder auf die Traktandenliste. Er gibt einen Gesetzesentwurf “zur Stärkung der Geldwäscherei-Bekämpfung” in die Vernehmlassung.
Es gehe um “den guten Ruf und den nachhaltigen Erfolg eines international bedeutenden, sicheren und zukunftsorientierten Finanzplatz und Wirtschaftsstandort”.
In der Pressemitteilung vom 30. August 2023 nennt der Bundesrat neben der Geldwäscherei zwei weitere Gründe für seine gesetzgeberische Zwängerei:
“Terrorismusfinanzierung” und “Sanktionsumgehungen”.
Das Eine ist wohl ein “Copy/Paste” aus dem GwG von 1998, das Zweite dürfte in Zukunft als neue Rechtsgrundlage für die Übernahme aller möglicher Sanktionen aller möglichen internationalen Organisationen herhalten müssen.
Dieser Artikel erschien zuerst in der „Schweizerzeit“.
Author: Joshua Carroll
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